Frau Dr. Burkhart, Jahrgang 1985, ist Expertin für New Work und für die Generationen Y und Z. Im Interview möchte sie mit «du» angesprochen werden.
Zickzack-Lebensläufe
Steffi, was unterscheidet die Generationen Y und Z von den Babyboomern?
Nun, zum Beispiel: Anders als viele aus der Generation unserer Eltern leben wir keine klassische Drei-Phasen-Biografie – Ausbildung, Arbeitsleben, Pensionsalter. Wir haben Zickzack-Lebensläufe. Wir pendeln zwischen Vollzeitanstellung, Selbstständigkeit, Teilzeit, Sabbatical und Auslandsaufenthalt.
Vermutlich werden wir, die Generation Y, achtmal unseren Job wechseln und häufig auch die Branche, ob wir wollen oder nicht. Das wird ein Marathon! Eine zentrale Fähigkeit der Zukunft wird deshalb «Employability» sein, die Fähigkeit, im Arbeits- und Berufsleben zu bestehen.
Wir sollten junge Menschen besser auf eine Wirklichkeit vorbereiten, die volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig wird. Wir müssen den Jungen Orientierung geben! Aber tun wir das? Machen wir sie fit für die Zukunft?
«Mit der Individualisierung wächst auch die Einsamkeit.»
Eine neue Form der Gemeinschaft
Wie wird die Arbeitswelt in zehn, zwölf Jahren aussehen?
Ich vermute: Das klassische Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis wird ein Randmodell. Darüber hinaus werden wir künftig von vier Orten sprechen, an denen Menschen arbeiten: First Place ist das Homeoffice, Second Place die Arbeitsstätte, Third Place wäre überall sonst, wo gearbeitet werden kann. Und der Fourth Place of Work ist der virtuelle Raum, das dreidimensionale Internet, das derzeit entsteht.
Mit der Individualisierung wird aber auch die Einsamkeit wachsen. Das spüren wir jetzt schon. Und auch dieser Trend wird die Arbeitswelt verändern. Wir werden Begegnungsstätten schaffen müssen, eine neue Form der Gemeinschaft.
«Was ist Erfolg für mich? Was bedeutet Karriere?»
Andere Glaubenssätze, andere Werte
Die Generation Z ist aktuell die jüngste Generation auf dem Arbeitsmarkt. Was bringt sie mit? Worauf müssen sich Führungskräfte einstellen?
Generation Z hat ungewohnte Glaubenssätze, andere Werte und Gewohnheiten. Das beginnt bei Fragen wie: Was ist Erfolg für mich? Was bedeutet Karriere? Und was will ich mit meiner begrenzten Lebens- und Arbeitszeit anstellen? Wer in den nächsten zwei Jahrzehnten erfolgreich Unternehmen und Teams entwickeln will, muss auf neue intrinsische Motivatoren setzen wie einen positiven Impact, Community und Potenzialentfaltung.
In der Wirtschaft gilt es Umgebungen zu kreieren, in denen Menschen sehr subjektiv und individuell Sinn erleben. Die einen benötigen eine Antwort auf die Frage nach dem positiven Einfluss. Andere dagegen brauchen eine starke intakte Gemeinschaft. Und wieder andere suchen stets die Herausforderung.
Erfahrung ist in der heutigen Zeit überbewertet.
Du forderst eine Jugendquote in Politik und Wirtschaft. Eine Provokation?
Google, Tesla oder Facebook wurden auch nicht aus dem Modus der Erfahrung gegründet, oder? Der Einsatz von künstlicher Intelligenz, Internet of Things, Quantencomputing, das ist die Zukunft. Diese Technologien müssen erforscht, entwickelt und gesteuert werden. Und das werden nicht mehr die Männer über fünfzig mit grauen, blauen, schwarzen Anzügen tun.
Die rein männlichen Monokulturen in Entscheiderkreisen sind nicht zeitgemäss. Wir wissen: Je stärker die Monokultur, desto fragiler ist ein System. Je diverser die oberen Gremien besetzt sind, desto robuster wird das System. Und diese Diversität schliesst auch das Alter mit ein.